Veröffentlicht am 13. Dezember 2024

Ein außergewöhnliches Verkaufstalent

Vom Fliesenverkäufer zum International Sales and Golf Event Manager

Der Ybbsitzer Christopher Brod ist so einiges, in erster Linie aber alles außer gewöhnlich. Und das nicht nur, weil er mit seiner thailändischen Mutter und dem österreichischen Vater zwei Welten in sich vereint und sich in beiden zu Hause fühlt. Es ist der Werdegang des 28-Jährigen, der beeindruckt. Obwohl in Waidhofen geboren, ging er in Singapur in den Kindergarten und absolvierte in Italien die erste Klasse Volksschule. Seine Lehre zum Fliesenverkäufer absolvierte er – man möchte beinahe sagen konservativ – bei der Ybbsitzer Firma Aigner Bodenpersonal. Warum und wann es ihn nach Südostasien gezogen hat und wie aus ihm der International Sales and Golf Event Manager des weltweit führenden Golf-Tour-Operators wurde, erzählt er uns im – auch nicht alltäglich abgehaltenen – Interview. Geführt hat es Redakteurin Karin Novak über WhatsApp, während Christopher Brod mit seinem Chauffeur unterwegs war ins 200 Kilometer südlich von Bangkok entfernte Hua Hin

Christopher und Freundin Annie am österreichischen Nationalfeiertag, eingeladen von der Botschaft ins Fünf-Sterne-Hotel Siam Kempinski zVg

Wie kommt man auf die Idee und vor allem woher nimmt man als 20-Jähriger die Chuzpe, nach Thailand auszuwandern?
Eine gute Frage, über die ich mir noch nie Gedanken gemacht habe. Schon als kleines Kind war ich es gewohnt, viel herumzukommen. Zum einen leben meine Großeltern mütterlicherseits in Thailand, die wir immer wieder besucht haben, zum anderen waren wir aufgrund der Arbeit meines Vaters, der bei Siemens tätig war, viel unterwegs. Den Großteil meiner Schullaufbahn habe ich aber in Österreich absolviert. Kurz nach meinem Lehrabschluss bei der Firma Aigner, übrigens ein ganz toller Lehrbetrieb, habe ich erfahren, dass der Reiseveranstalter TUI einen Reiseleiter für Bangkok sucht. Ich habe mich online beworben, gekündigt und bin in den Flieger gestiegen. Das war 2018 und irgendwie der Grundstein für alles Weitere.

Wofür warst du als damals jüngster TUI-Mitarbeiter zuständig?
Ich habe mich um alle deutschsprachigen Gäste gekümmert. Ich habe ihnen Tipps für ihren Aufenthalt gegeben, Ausflüge organisiert oder bin zur Seite gestanden, wenn sie Hilfe gebraucht haben. Gefallen hat ihnen, dass ich wie ein Thailänder ausschaue, aber mit Mostviertler Dialekt daherkomme. Nach einem Jahr in Bangkok wurde ich zum Teamleiter befördert, womit ich auf einmal nicht nur Personalverantwortung, sondern auch ein größeres Gebiet zu betreuen hatte, darum bin ich nach Hua Hin umgezogen.

Du bist schon wieder zurück in Thailand. Warum dauerte dein Zwischenstopp in Öster­reich nur dreieinhalb Jahre?
Ich erinnere mich noch an ein Zoom-Meeting, bei dem unser General Manager gefragt hat, ob wir schon von Corona gehört hätten, woraufhin einer lachen musste, kurz weg war und eine Flasche Bier vor den Bildschirm gehalten hat. Das Lachen ist dann schnell vergangen, weil zwei Wochen später das komplette Chaos ausgebrochen ist. 80 Prozent der TUI-Leute wurden abgebaut. Für mich persönlich war das die schönste Zeit, die ich jemals in Thailand verbracht habe. Kurz vor der Pandemie fing ich mit dem Golfspielen an und so konnte ich mich in der Zeit voll darauf konzentrieren. Zum Golf gebracht hat mich Gregor Kotnik, ein Golf Pro aus der Steiermark, der in Hua Hin einen sehr guten Nachtclub betrieben hat. Beim Ausgehen mit meinen Jungs sind wir einmal bei ihm gelandet und sofort ins Gespräch gekommen, auch wegen des österreichischen Akzents beim Englisch-Reden. Wenn Gregor Profiturniere gespielt hat, bin ich bald als sein Caddy mitgegangen und habe sein Golf-Bag getragen. Mittlerweile ist er einer meiner bes­ten Freunde. Corona brachte ja auch den Tourismus in Asien zum Erliegen und niemand wusste, wie es weitergehen wird. Ich erfuhr, dass im Golfclub Schloss Ernegg jemand fürs Sekretariat gesucht wurde und hab mich beworben. Der Besitzerin Georgina, einer englischen Gräfin, hat die Bewerbung aus Asien von einem Mostviertler, der selbst Golf spielt, gefallen und mich ohne persönliches Kennenlernen eingestellt. Nur ein halbes Jahr später war ich schon Golfclub-Manager.

Was darf man sich unter den Aufgaben eines Golfclub-Managers vorstellen?
Die Aufgaben sind vielfältig: Sie reichen von der Unterstützung des Greenkeeper-Teams, das für die Platzpflege zuständig ist, über die Betreuung der Mitglieder und das Veranstalten von Turnieren für Mitglieder und Gäste bis hin zur Sponsorensuche. In meinen anderthalb Saisonen konnte ich sechs neue Sponsoren gewinnen, darunter den Kirchenwirt in Ybbsitz. Die Besitzer Josef und Romana Zellhofer sind sehr gute Freunde von mir. Es war mir außerdem besonders wichtig, junge Leute für den Golfsport zu begeistern. Aus diesem Grund habe ich das „Future-Team‘‘ initiiert, um junge und neue Golfer zu fördern. Gregor Kotnik, meinen Pro aus Thailand, konnte ich abwerben und zum Golfclub Schloss Ernegg lotsen. Eigentlich eine lustige Geschichte – er hat mich zum Golfsport gebracht, und ich habe ihn schließlich zu uns in den Golfclub geholt. Die Mitglieder sind mir noch heute sehr dankbar dafür.

Er ist aber noch da, du aber wieder in Thailand. Wie das?
Im September 2022 wurde ich über LinkedIn vom Golfasian-Besitzer Mark Siegel angefragt, ob ich mir vorstellen könnte, wieder nach Thailand zu gehen. Und wenn ja, sollte ich ihm zehn Gründe nennen, warum er mich einstellen sollte. Das Angebot war so verlockend, dass ich nach nur zwei Wochen unterschrieben habe. Vergleichbar ist dieser Wechsel mit dem eines Fußballers von Rapid Wien zu FC Bayern München.

Klingt nicht nach Nine-to-five-Job. Wie sieht ein Arbeitstag bei dir aus?
Vorweg: Golfasian ist der größte Golf-Reise-Veranstalter in Südost­asien und wahrscheinlich sind wir auch die Besten, erst vor Kurzem wurden wir mit dem Global Golf Award ausgezeichnet. Meine Aufgabe ist das Veranstalten der Turniere. Vergangene Woche hatten wir in Pattaya 40 Golfer aus 16 Nationen, im kommenden Juni richten wir das größte Amateur-Turnier in Asien mit 400 Golfern aus. Mir liegen die deutschsprachigen Gäste besonders am Herzen und daran, sie nach Asien zu holen. Ich arbeite eng mit den europäischen Reisebüros zusammen, etwa mit dem Unternehmen Armbrüster in Steyr. Bereits im Februar organisieren wir erstmals in Thailand das Drei-Länder-DACH-Turnier (Anm.: D für Deutschland, A für Österreich, CH für die Schweiz). Daran nehmen 60 Leute teil. Über einen Montag-bis-Freitag-Job ließe sich das nicht machen. Die Gäste müssen ja auch am Wochenende betreut werden oder wollen E-Mails beantwortet haben. Heute zum Beispiel bin ich um fünf Uhr aufgestanden, habe mir einen Kaffee gemacht, ein paar E-Mails geschrieben und bin dann ins Büro gefahren. Meine Wohnung in Bangkok liegt nur fünf Minuten vom Büro entfernt. Das kann aufgrund des Verkehrs trotzdem manchmal mit dem Auto eine halbe Stunde dauern. Darum bestelle ich mir lieber ein Moped-Taxi, das mich schnell dorthin bringt. Dort hatten wir ein Sales-Meeting und jetzt fahre ich mit unserem Fahrer nach Hua Hin. Dort treffe ich eine Gruppe aus Belgien.

Golf gilt gemeinhin als elitärer Sport. Sollte man sich dennoch nicht von den Kosten abschrecken lassen, wenn man sich dafür interessiert?
Golf ist auf jeden Fall leistbar. Ich glaube sogar, dass Skifahren teurer ist als Golf, umgelegt aufs Jahr. Und wenn man nicht unbedingt in einem der wenigen exklusiven Privatclubs, die es natürlich auch gibt, dabei sein will, ist die Mitgliedschaft in einem Club für jeden leistbar. Viele beginnen erst in der Pension mit dem Golfsport und sagen: „Hätte ich doch bloß früher damit angefangen!“ Ich vertrete sowieso die Meinung, man sollte so früh als möglich damit beginnen.

Gibt es etwas, das du aus der österreichischen Heimat sehr vermisst?
Was ich aus Österreich vermisse, sind meine guten Freunde und natürlich meine Eltern, meine Familie. Auf gute österreichische Küche muss ich hier zum Glück nicht verzichten, weil es sehr viele Österreicher gibt, die nach Thailand ausgewandert sind und ein Restaurant eröffnet haben. In Bangkok habe ich mein Favoriten-Lokal, wenn ich Gusto auf ein gutes Schnitzel habe.

Weihnachten naht in Riesenschritten: Ist dieses christliche Fest auch in Thailand ein Thema? Und wie feierst du persönlich?
Aber ja! In jedem Einkaufszentrum läuft Weihnachtsmusik rauf und runter, die weihnachtliche Deko ist ziemlich kitschig, aber bei 30 Grad kommt bei mir so oder so keine rechte Weihnachtsstimmung auf. In Bangkok feiern viele Expats aus der ganzen Welt mit Freunden oder ihrer Familie und auch die Firmen laden zu Weihnachtsfeiern. Ich feiere Weihnachten mit meiner Freundin Annie. Wir sind seit zwei Jahren zusammen. Sie ist Thailänderin und hat ihren Bachelor in England und ihren Master in Deutschland abgeschlossen. Sie spricht zwar fließend Deutsch, aber lustigerweise sprechen wir meist einen Mix aus Englisch und Thai. Vergangenes Weihnachten haben Annie und ich mit unseren vier Hunden entspannt bei meiner Schwiegermutter in spe gefeiert. Dieses Jahr wird es etwas anders: Annie und ich machen über Weihnachten und Neujahr eine Rundreise durch Japan – Kyoto, Osaka, Hokkaido, Nagoya und Toyama. Ich freue mich riesig auf den Urlaub – und auch darauf, endlich mal wieder Ski zu fahren. Es ist über zehn Jahre her, dass ich das letzte Mal auf der Piste war.

Vielen Dank für das wirklich außergewöhnliche Interview!

Wordrap

  • Mein Wunschberuf als Kind: Fußballprofi (hat aber leider nur für die U 23 beim SCU Ybbsitz gereicht 😃)
  • Die berühmten Drei für die einsame Insel: IPhone, Golf-Set und ein Buch mit dem Titel „Wie überlebe ich auf einer einsamen Insel“
  • Mein Sehnsuchtsort: Black Mountain Golf Club im thailändischen Hua Hin, weil dort meine Liebe zum Golfsport begonnen hat
  • Wen ich gerne einmal treffen würde/getroffen hätte: Filippo „Pippo Inzaghi“, mein Fußball-Idol von Kindesbeinen an
  • Team Hund oder Katze: Hund!
  • Serientipp für ein verregnetes Wochenende: „The Judge from Hell“ – echt coole Serie aus Korea
  • Meine Henkersmahlzeit: in Österreich Backhenderl von der Mama, in Thailand Crispy Pork mit Reis

Veröffentlicht am 13. Dezember 2024

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