Veröffentlicht am 7. Februar 2025

Ein Burgherr mit ausgeprägtem Sinn für Handwerk, Kunst und Kultur

Unbändige Leidenschaft und Kreativität treiben Anton Wagner aus Neuhofen zeit seines Lebens an – und der feste Wille, seinen eigenen Weg zu gehen. Der von seinem Vater und dem damaligen Pfarrer vorgezeichnete Weg wäre das Priesterseminar gewesen im Anschluss an die Matura im Stiftsgymnasium Seitenstetten. Der heute 69-Jährige wurde aber Lehrer und unterrichtete bis zur Pensionierung Mathematik und Sport. Beides durchaus auch hilfreich für seine große Passion, das Gewölbebauen, das er in seiner Freizeit ausübte. Karin Novak hat den vierfachen Vater und neunfachen Großvater zum Gespräch getroffen, nämlich da, wo alles begann: im Gewölbekeller seines Familienhauses am Pumperlberg

Anton Wagner ©NoKa

Warum gerade Gewölbebau?
Ich habe während der Schule viel Zeit in klerikalen Gewölben verbracht, ich denke, daher rührt die Faszination für Gewölbe. Ohne läs­tern zu wollen, aber in den 60er-Jahren in einem katholischen Internat gewesen zu sein, das prägt einen – zwar größtenteils im Positiven, es gab aber auch weniger Schönes. Und ich glaube, diese Faszination für Gewölbe ist meine Art der Aufarbeitung meiner Schulzeit und Jugend. Mein Sohn Sebastian, der die Baufirma vor ein paar Jahren übernommen hat, und ich, wir arbeiten zurzeit an einem neuen Fotobuch. Im Schreiben der Texte ist mir bewusst geworden, dass ein Gewölbe eine Art Umhüllung ist, die Sehnsucht nach embryonaler Geborgenheit befriedigt und somit Sicherheit vermittelt.

Faszinierend und ungewöhnlich auch dein zweiter Bildungsweg: Du hast mit 49 die Maurergesellenprüfung abgelegt …
Ja, und mit 50 hatte ich die Baumeisterprüfung in der Tasche. Ich habe hobbyweise immer gerne gebastelt, gebaggert, gemaurert. Ich bin wirklich Handwerker mit Leib und Seele. Schulferien und Wochenenden verbrachte ich als Hilfsarbeiter bei Baufirmen und habe so alle am Bau üblichen Arbeiten irgendwann gemacht und gelernt. Das konnte ich auch nachweisen. Trotzdem hat es jahrelang gedauert, bis ich die Dispens der Lehrjahre erreichte und zur Gesellenprüfung zugelassen wurde. Die Prüfungskommission war so begeistert, dass ich übermütig wurde und mir auch die individuelle Befähigungsprüfung zum Baumeister vornahm. Seit bald 20 Jahren darf ich mit Steinen und Ziegeln bis zu acht Meter hohe Bauwerke errichten. Begonnen hat alles als Autodidakt bei mir zu Hause. Mit meinem mathematischen Verständnis und über Versuch und Irrtum habe ich im Keller sukzessive Raum für Raum gewölbt.

Das unglaublich schön ausgebaute Gewölbe kann man nicht nur mieten, es befindet sich seit 2007 auch die Bühne des Vereins „Kunst & Kultur im Gwölb zu Feldpichl“ hier. Was steht heuer im ersten Halbjahr auf dem Programm?
Wir starten im März mit einem Jazzbrunch mit den „Silence Bus­ters“, die von Jazzstandards über Rock und Folklore bis hin zu Klezmer alles in ihrem eigenen Stil arrangieren. Besonders gesellig wird es dann am 21. März bei der Wirtshausmusik mit den „Berger-Buam“. Deren Leitbild ist das „Greahoidn“, was so viel bedeutet wie ausrostn, stad hoidn, Most dringa, Bankl wetzn, a Liadl singa und musispün. Die „Monkwood Boys“ bedienen sich schließlich im April der Hits von Chuck Berry, Gene Vincent, Eddie Cochran, des jungen Elvis Presley und anderer Stars des Rockabilly-Genres. Auf www.gewoelbebau-aw.at findet man alle nötigen Details zu den jeweiligen Veranstaltungen. Eine besondere Freude ist mir aber, dass wir als Kulturverein auch die Ruine Perwarth bespielen. Hier wird es im Juni eine Wirtshausmusik mit der „Stifta Geigenmusi“ geben und im August das Handwerkerfest, das schon im Vorjahr ein großer Erfolg war. Dieses Fest ist mir persönlich ein sehr großes Anliegen. Mit ihm wollen wir Handwerk sicht- und erlebbar machen. Man kann Zimmerleuten, Schmieden, Sattlern, Fassbindern oder Korbflechtern über die Schultern schauen, zusehen wie Wolle in Kupferkesseln gefärbt beziehungsweise die Wolle zuvor gesponnen wird, es wird sogar eine Köhlerei und eine Bierbrauerei aufgebaut.

Apropos Ruine: Wie kommt man auf die Idee, eine Ruine zu kaufen und zu revitalisieren?
Das weiß ich nicht. (lacht) Es war eine Bauchentscheidung, als ich 2020 erfahren habe, dass die Ruine Perwarth zum Verkauf steht. Ich habe sie vor dem Kauf – sie war im Besitz der Gemeinde Randegg – auch nur von außen gekannt, bin kein einziges Mal drinnen gewesen, weil ja alles total verwachsen und verwildert war. Ich wusste zu dem Zeitpunkt auch nicht, was ich damit überhaupt machen soll. Erst im Zuge der Entgrünung ist die Idee einer Kulturbühne entstanden. Der Kulturverein Meierhof der Gemeinde Randegg hat das anfangs skeptisch beäugt und Konkurrenz befürchtet, zwischenzeitlich hat sich eine wunderschöne Zusammenarbeit entwickelt, die feine Synergien erzeugt.

Darf man fragen, was eine Ruine kostet?
Die Ruine war mit einem Hektar Grund um 30.000 Euro durchaus erschwinglich. Teuer wurde es erst durch die Renovierung, die mittlerweile das Vielfache verschlungen hat, ohne Einberechnung der Eigenleistung. Heute verfügt die Ruine über die nötige Infrastruktur, um Veranstaltungen aller Art abhalten zu können – von Toilettenanlagen über eine Zeltüberdachung des Innenhofes bis hin zu einer Küche und beheizbaren Einliegerwohnung. Deshalb eignet sie sich sehr gut als Kulturbühne, aber auch für Feiern aller Art. Besonders beliebt ist sie als Hochzeitslocation oder für Fotoshootings. Und im Vorjahr hat sich sogar ein Yoga-Verein aus Wien für zwei Tage eingemietet.

Man kann also sagen, eine gelungene Verbindung von Tradition und Moderne. Der Ruine geht ja eine lange Geschichte voraus …
Burg Hochperwarth wurde 1263 erstmals erwähnt, sie befand sich oberhalb des heutigen Standorts. Die Ruine Perwarth ließ der Graf von Concin zu Beginn des 16. Jahrhunderts erbauen – zur damaligen Zeit ein regelrechtes Luxusschloss –, weil ihm Hochperwarth zu unbequem erschien. 1561 war die Fertigstellung. Das Schloss wechselte im Lauf der Zeit häufig den Besitzer, bis schließlich Kaiser Franz I. 1834 das Schloss kaufte und es mit Schloss Wieselburg vereinte. 1852 wurde aber alles Brauchbare entfernt, sogar Mauern wurden eingerissen und das Bauwerk schließlich dem Verfall preisgegeben. Bis eben 2020. Genauer nachlesen lässt sich die Geschichte auf www.ruineperwarth.com.

Welche Zukunftsvisionen hast du für die Ruine?
Über dem Eingangsbereich gab es eine Schlosskapelle. Die würde ich gerne wieder errichten, was ich laut Denkmalamt auch dürfte. Für Feierlichkeiten wie etwa Hochzeiten wäre das eine lässige Geschichte. Und dann gibt es noch die Idee eines Handwerkerdorfs. Ich möchte acht Gebäude errichten, in denen sich Handwerker temporär einmieten können. In der Keller­etage könnte auf 40 Quadratmeter gearbeitet und darüber gewohnt werden. Meine Vision wäre, dass vom Aussterben bedrohtes Handwerk dort praktiziert und erhalten wird, nicht als Dauerwohnstätte, sondern projektbezogen und auf einen begrenzten Zeitraum. Für dieses Handwerkerdorf haben, wir im Vorjahr eine Bausteinaktion ins Leben gerufen. Es fanden sich auch engagierte Metallbetriebe, allen voran die Firma Welser, die interessiert sind am Wiederbeleben der Schmiedekunst im Erlauftal, so wie es das im Ybbstal schon gibt. Das Erlauftal stand ja sehr lange für die Kunst des Sensenschmiedens. Es wäre schön, diese mit Ausstellungsstücken bis ins 19. Jahrhundert in dem Handwerkerdorf zu präsentieren. Das I-Tüpfelchen – und die Idee stammt vom Chef der Firma Welser – wäre ein Skywalk über der Ruine, der in die Zukunft der Metallwelt führt. Dazu bräuchte es aber ausreichend Sponsorengelder, an denen es aufgrund der derzeitigen Wirtschaftslage leider mangelt. Das Handwerkerdorf bräuchte es aus meiner Sicht als Gegensteuerung zu dem, was man in der Wirtschaft aktuell erlebt, wo zum Teil sogar die Landwirtschaft wegrationalisiert wird. Ich will zeigen, dass wir uns auf dem Planeten in kleinen Strukturen selber erhalten können.

Vielen Dank für das Gespräch!

Wordrap

  • Mein Wunschberuf als Kind: Bauer
  • Die berühmten Drei für die einsame Insel: meine Frau, ein gutes Buch, griechischer Wein … – oder doch ein österreichischer
  • Mein Sehnsuchtsort: der Himmel (in mir, im Herzen)
  • Wen ich gerne einmal treffen würde/getroffen hätte: meine Großväter und Ahnen und wieder einmal meinen Vater, der schon fast 30 Jahre tot ist
  • Team Hund oder Katze: beide
  • Serientipp für ein verregnetes Wochenende: SOKO Donau
  • Mein letztes Konzert: ein Rockkonzert auf der Ruine Perwarth
  • Was ich schon immer einmal tun wollte, mich aber nicht getraut habe: Ich habe viele verrückte Ideen und setze eigentlich fast alle um. (denkt kurz nach) Ich möchte nach Kolumbien fliegen, da war ich noch nie und das Volk interessiert mich.
  • Meine Henkersmahlzeit: Wiener Schnitzel

Veröffentlicht am 7. Februar 2025

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