Interview mit Erich Holfeld aus Salzburg
Vergangene Woche erreichte die Redaktion des „Ybbstalers“ ein Leserbrief (Abdruck in der Infobox), über den sich das gesamte Team sehr gefreut hat. Verfasst wurde er von Erich Holfeld aus Salzburg, der als Reha-Patient im Therapiezentrum Buchenberg die wöchentliche Regionalzeitung kennengelernt hat. Nun war es an uns, ihn kennenzulernen, und so stattete ihm unsere Redakteurin Karin Novak einen Besuch im Therapiezentrum ab. Getroffen hat sie den ehemaligen Chefredakteur der Antenne Salzburg, der wenige Tage zuvor im Zuge seines Aufenthalts seinen 81. Geburtstag in Waidhofen feiern durfte und sich nicht nur vom „Ybbstaler“ begeistert zeigte, sondern vielmehr von Stadt, Land und Therapiezentrum Buchenberg
Die Freude im Team über Ihr Feedback war groß, vielen Dank dafür! Was gefällt Ihnen am „Ybbstaler“ im Besonderen? Wo sehen Sie als fachkundiger Kollege Verbesserungspotenzial?
Nun, so tief, dass ich ein Verbesserungspotenzial herauslesen oder orten könnte, so intensiv habe ich mich nicht beschäftigt. Aber vieles hat mir gleich auf Anhieb gefallen, und zwar vor allem die Gliederung nach den verschiedenen Orten. Ich finde es sehr, sehr gut, dass die Menschen, die sich für eine bestimmte Ortschaft oder bestimmte Themen interessieren, diese gut strukturiert und konzentriert finden. Was mir auch sehr gut gefällt ist, dass sehr viele Menschen aus den vielfältigen Regionen, aus den unterschiedlichen sozialen Schichten, aus den verschiedenen Vereinen abgebildet werden. Das heißt, Sie sind wirklich das, was man eine gute Regionalzeitung nennen kann, aber mit großem lokalen Charakter. Ich glaube, das ist ein guter Weg, den Sie da beschritten haben. Und ich denke, dass sich das jenseits der heutigen Medienwelt, der Groß- und Sozialmedien, auch langfristig halten wird und Ihnen die Ybbstaler die Treue halten werden. Zumindest wäre das wünschenswert.
Darf ich nach Ihrem beruflichen Werdegang fragen?
Meine Eltern hatten in Bischofshofen, wo ich aufgewachsen bin, ein Modegeschäft. Warum ich naheliegenderweise die Bundestextilschule in Dornbirn absolvierte. Aber mein Wunsch zu schreiben und vom Schreiben leben zu können, war schon von jungen Jahren an groß. Verwirklichen konnte ich das dann in Salzburg, als ich zunächst Werbeleiter eines großen Textilhauses war. Von dort ging es nach Ried im Innkreis zur damals weltgrößten Skifabrik Fischer, wo ich international im Marketing tätig war, und schließlich in den Journalismus. Bevor ich Chefredakteur eines Privatradios, heute Antenne Salzburg, wurde, war ich zehn Jahre Pressereferent für die Sozialdemokratische Partei Salzburgs.
Wie sehen Sie als Sozialdemokrat die aktuelle Lage der Nation?
Die Lage der Nation unterscheidet sich nicht von der in den USA bis Thüringen, von den Niederlanden bis Italien. Es ist eine Welle, die die Rechtspopulisten aktuell nach oben trägt. Eine Welle, die wieder verebben wird, aber das dauert. In Österreich hätte ich mir gewünscht, dass man den Herrn Kickl beauftragt hätte. Der Herr Kickl hätte ja sowieso keinen Partner zum Regieren gefunden, man hätte ihn anrennen lassen sollen. Jetzt kann er sich aufgrund der Entscheidung des Bundespräsidenten als Opfer aufspielen. Aber man kann beide Positionen vertreten, also die eine, dass man Kickl hätte beauftragen sollen, und die, es nicht zu tun, weil andernfalls vermutlich Neuwahlen notwendig gewesen wären. Die fachliche Kompetenz der FPÖ steht ja auf sehr dünnen Beinen. Sie hat zwar Spitzenleute dafür, eine Stimmung gut auszunutzen, aber dahinter, wenn es um Fachbereiche geht, dann haben sie keine bekannten, ausgewiesenen Fachleute.
Mit Radio Melody, wie die damalige Antenne Salzburg hieß, gingen Sie gemeinsam mit Antenne Steiermark als erste private Radiosender on air. Alle anderen folgten drei Jahr später. Aus welchem Grund?
Viele Bewerber, die sich auch um eine Lizenz beworben hatten, haben gegen die Erteilung von Lizenzen in anderen Bundesländern – auch bei uns Einspruch – erhoben. Das hatte eine aufschiebende Wirkung, sprich, die Radiosender konnten nicht starten. Antenne Steiermark und wir, Radio Melody, haben uns mit dem, der Einspruch erhoben hat, geeinigt. Das war eine Firma der damaligen Haider-FPÖ, die Radio Süd hieß. Nach einer Minderheitsbeteiligung von Radio Süd an Antenne Steiermark und Radio Melody wurde der Einspruch zurückgezogen und so konnten wir 1995 als erste Privatradiosender on air gehen.
Wo war/ist Antenne Salzburg angesiedelt?
Ich würde sagen, moderner als Ö Regional, also Radio Salzburg, aber lokaler als Ö3 mit breit gefächerter Unterhaltungsmusik.
Wenn man Sie googelt, erfährt man, dass Sie jahrelang Vorstandsmitglied des Fußballvereins Austria Salzburg waren und Träger der 50-Jahr-Jubiläumsmedaille des Vereins sind. Wie kamen Sie zu dieser Funktion?
Das kam im Rahmen meiner Geschäftsführertätigkeit bei einer Werbefirma und eines Verlags. Diese Werbefirma hatte die Werberechte in dem damals noch existierenden Lehener Stadion der Austria Salzburg, die damals in finanziellen Schwierigkeiten steckte. Eines Tages kam ein Funktionär zu mir und sagte: „Herr Holfeld, Ihre ganzen Werberechte im Stadion nützen Ihnen nichts, wenn der Verein beule geht.“ Bei diesem Mann hat es sich um niemand Geringeren als Rudi Quehenberger, den Präsidenten der Austria gehandelt. Und so bin ich zum Verein gekommen.
Sie haben uns geschrieben, Sie hätten Wurzeln im Mostviertel und würden freundschaftliche Beziehungen dorthin pflegen. Welche zum Beispiel?
Mein Großvater war Dentist in der Stadt Haag. Als Kind verbrachte ich in den Ferien immer einen Monat lang dort und habe Freundschaften geschlossen, die bis heute halten. Zum Namensgeber des Viertels, dem Most, verstehe ich eines nicht – und das tut mir fast ein bisschen weh: Warum vernachlässigt man die Vermarktung dieses hochkarätigen Produkts so sträflich? Ich finde, für das Produkt, das dem Viertel sogar seinen Namen gibt, wird zu wenig geworben. Sie müssen wissen, in Salzburg kennen wir einen Most ihrer Qualität überhaupt nicht, den gibt es dort nicht zu kaufen. Wenn Sie bei uns einen Most trinken, den spucken Sie aus. Ein Qualitätsgetränk, wie es hier produziert wird, kennen wir einfach nicht. Von offizieller Seite, wenn Sie wollen, wird da für mich zu wenig getan. Ich hätte da eine gute Anregung: Jetzt da der Herr Nationalratspräsident außer Diensten ist, könnte er ja zum Botschafter des Mostviertels im Westen werden. Ich würde ihm gerne assistieren, schließlich bin ich in dem Bereich der Kommunikation nicht unerfahren – und ein Liebhaber des Mostviertels.
Darf ich Sie nach dem Grund Ihres Aufenthaltes fragen?
Ich bin seit 53 Jahren insulinpflichtiger Diabetiker mit Herzrhythmusstörungen und kann nicht nur aus fachlicher Sicht sagen, ich bin beeindruckt vom Therapiezentrum Buchenberg. Von der wunderbaren Diätologin Frau Englisch habe ich Sachen erfahren, die selbst für mich erfahrenen Diabetiker neu waren. Großartiges leisten hier aber alle – vom Arzt bis zur Küchenhilfe. Vielleicht ist es den Waidhofnern gar nicht bewusst, welch Gesundheitsversorgung es bei ihnen auf sehr hohem Niveau gibt. Für viele Menschen stellt der Aufenthalt hier oft einen Wendepunkt ihres Lebens dar, und zwar für Menschen aus ganz Österreich. Allein an meinem Esstisch gab es innerhalb von zweieinhalb Wochen ein Kommen und Gehen von Patienten aus Vorarlberg, Kärnten, Salzburg, Oberösterreich und der Steiermark. Das heißt, in ganz Österreich sprechen Menschen über dieses Therapiezentrum, das wirkt weit über das Ybbstal hinaus. Das muss man schon einmal deutlich machen. Und nicht zu vergessen auf die vielen Fachspezialisten im Landesklinikum oder im MediZell. Das Versorgungsangebot hier ist wirklich beachtlich und bietet vielen Menschen hier Beschäftigung. Meine Heimatstadt Salzburg hat natürlich in vielerlei Hinsicht auch ein hohes Niveau und ist nach Wien vermutlich die zweitattraktivste Stadt in Österreich, aber bezogen auf die Größe von Waidhofen und seiner Lage, muss ich sagen, die Stadt hat tatsächlich Format.
Was gefällt Ihnen an Waidhofen, am Ybbstal – abgesehen vom medizinischen Angebot – besonders?
Es ist nicht mein erster Aufenthalt hier in Waidhofen, weil über meine Lebensgefährtin schon länger eine Verbindung hierher besteht. Ihr Neffe Stefan Richter ist Arzt im Krankenhaus und seine Frau Dagmar arbeitet als Kardiologin. Mich beeindruckt schon seit Längerem, wie sich die Menschen bemühen, etwa um den Erhalt der wunderschönen Innenstadt. Es ist ja ein bedeutender Unterschied, ob ich in Salzburgs Altstadt ein Haus erhalte und Pacht aus einem Laden generiere, an dem zigtausende Leute vorbeigehen und man entsprechende Wertschöpfung erzielt, während es hier wirklich ein Bemühen der Menschen ohne touristisch-finanziellen Hintergrund ist. Beachtlich finde ich auch das rege Kultur-Leben der Stadt, wie ich den regionalen Medien und Plakaten entnehmen kann. Im „Ybbstaler“ habe ich von den Bestrebungen über die Aufnahme der Region in die Liste des immateriellen Weltkulturerbes gelesen. Da sehe ich gute Chancen, vor allem wenn man Parteigrenzen und persönliche Interessen überwindet. Ich wünsche jedenfalls viel Glück und Erfolg, dass das gelingt.
Vielen Dank für das Gespräch!
Leserbrief
Seit einer Woche bin ich Patient im Therapie-Zentrum Buchenberg (in allen Bereichen absolut empfehlenswert). Als Journalist im Unruhestand (ehemaliger Chefredakteur der Antenne Salzburg) interessiere ich mich, wenn ich wo länger bin, natürlich für die regionalen Medien und musste daher schmunzeln, als ich die „Ybbstaler NÖN“ und Ihren „Ybbstaler“, friedlich nebeneinander liegend, entdeckte. Nachdem ich gelesen habe, dass „Der Ybbstaler“ gerettet werden konnte, darf ich Ihnen zum Produkt gratulieren und sagen: Es hat sich ausgezahlt (hoffentlich auch wirtschaftlich, das wünsche ich Ihnen jedenfalls). Ihre Zeitung erfüllt für mich sowohl den Anspruch als auch die Erwartungshaltung, die man mit einer Regionalzeitung Ihres Typs verknüpft. Zudem sind Ihre Beiträge gut strukturiert. Deshalb: „Der Ybbstaler“ soll leben –und das noch viiiiiieeele Jahre!
Wordrap
- Wunschberuf als Kind: Schriftsteller/Journalist
- Die berühmten Drei für die einsame Insel: meine Lebensgefährtin, eine Menge Bücher und ein Fernglas, um vorüberfahrende Schiffe zu beobachten
- Wen ich gerne einmal treffen möchte/getroffen hätte: auch wenn ich ihn getroffen habe, gerne noch einmal Leopold Kohr
- Mein Sehnsuchtsort: Lissabon
- Team Hund oder Katze: wenn, dann Hund
- Serientipp für ein verregnetes Wochenende: Ich schaue keine Serien.
- Mein letzter Konzertbesuch: die Salzburger Jazzgröße Adi Jüstel
- Meine Henkersmahlzeit: Ich würde verzichten, da schmeckt mir bestimmt nichts.