Kommentar von Herausgeber Leo Lugmayr
Kürzlich saß ich in aller Herrgottsfrühe im Schnellzug nach Wien, als mich ein Herr, mit dem ich das Abteil teilte, ansprach. Er ist für ein renommiertes Waidhofner Unternehmen tätig und war auf Dienstreise zum Flughafen mit Destination Avignon unterwegs. Das Einstiegsthema war McDonald´s, und es führte uns zu der Überlegung, ob Waidhofen nicht noch weitere Gastronomie-Höhepunkte bräuchte. Denn, so meinte mein Gesprächspartner, die Gastro-Szene wäre in Waidhofen schon einmal vielfältiger gewesen. Dabei schwelgten wir bald in Erinnerungen an die diesbezüglich wirklich „gute alte Wirtshaus-Zeit“.
Ja, ich erinnere mich noch an das „Zwettler“-Schnitzel, das nach Schließung des „Zwettler“-Wirtshauses sogar von Alfred Zacharias auf die „Halbmond“-Speisekarte aufgenommen worden war: Schweinsschnitzel in Schweinsschmalz herausgebacken! (Weiter kann man von vegan gar nicht entfernt sein.) Bei kulinarischen Köstlichkeiten denkt man an Bierbratl, Mostschober, Bauernkrapfen oder die gebackenen Mäuse der Goldhauben, die nur beim Maibaumaufstellen gebacken werden. (Als Maibaumdieb würde ich ja den Maibaum stehen lassen und stattdessen die gebackenen Mäuse entwenden wollen …)
Wirtshäuser sind mit Anekdoten gepflastert. So kann ich mich erinnern, dass ich seinerzeit einmal im Gasthaus „Zwettler“ gesessen bin und zu später Stunde (spät war damals früher als heute) ein Gast eintrat und ein Schnitzel bestellte. Nach einem kurzen, musternden Blick, dem der leicht angeheiterte Zustand des späten Gastes nicht verborgen blieb, meinte Frau Rosi: „Geh zu dem Wirt, wo du dich angetrunken hast, der soll dir um diese Zeit auch das Schnitzel noch backen.“ Das war echt, und das saß. Der Gast blieb trotzdem, denn eine Wirtin war ja eine Autorität, und der Gast stillte seinen Kalorienbedarf mit einem oder zwei weiteren Bieren.
Auch erinnern sich vielleicht manche noch an die engagierten Versuche einer gemeinsamen Wirtshauskultur der Stadt und der Region. So hat es einmal die Aktion „Waidhofen isst österreichisch“ gegeben, bei der man aufgefordert wurde, neun beteiligte Gasthäuser nach und nach zu besuchen. Jedes Lokal hatte mit Spezialitäten eines anderen Bundeslandes einen Speisekarten-Schwerpunkt gesetzt. In einem Stempelheft ließ man sich den Besuch bestätigen. Wenn man alle Gasthäuser abgewandert hatte und das Heftchen voller Stempel war, bekam man vom Stadtmarketing einen Glaskelch, der von einer Waidhofner Glasmalerin gestaltet war. Vorne stand drauf „Kulinarisches Waidhofen an der Ybbs“ und auf der anderen Seite „Stadt der Türme“. Ich weiß das, weil ich das Glas noch daheim habe. Das Jahr darauf gab es nach demselben Modus die Aktion „Waidhofen isst international“. Was ist eigentlich aus der Initiative „Eisenstraße-Wirte“ geworden? Abwechslung machte die Szene interessant.