Veröffentlicht am 28. Februar 2025

Interview mit Ex-efko-Chef Klaus Hraby

„Ich möchte der Gesellschaft etwas zurückgeben“

Klaus Hraby ging mit Anfang des Jahres als Geschäftsführer der efko-Gruppe in Pension. zVg

Seit Anfang des Jahres ist der gebürtige Waidhofner Klaus Hraby als Geschäftsführer der efko Gruppe (Teilzeit-)Pensionist. Was nichts anderes heißt, als dass er nach wie vor drei Tage in der Woche für das Unternehmen tätig ist, um noch zwei bedeutsame Projekte in der strategischen Rohstoffentwicklung abzuschließen. Seinen beruflichen Werdegang startete der 66-Jährige nach der Handelsschule bei Kastinger in Seewalchen, einem Berg- und Skischuhhersteller. Als Controller wechselte er danach für 16 Jahre in die Firma YO nach Kröllendorf, die letzten vier Jahre davon bereits als Geschäftsführer. Sein Weg in der Lebensmittelbranche führte ihn schließlich nach Oberösterreich zu den Eferdinger Kostbarkeiten, kurz efko. Hochkarätige Auszeichnungen wie der „Große Preis der Industrie“ oder die Wirtschaftsmedaille der WKOÖ belegen seinen beruflichen Verdienst. Aber auch seine sportlichen Erfolge können sich sehen lassen. Für die große Skikarriere wie die von Jimmy Steiner, mit dem er die Schulbank drückte, reichte es zwar nicht ganz, dafür lebt der zweifache Vater seine Leidenschaft in der Leichtathletik, im Besonderen im Triathlon, aus. Redakteurin Karin Novak hat den Obmann der Sportunion Waidhofen in einem alteingesessenen Café zum Gespräch getroffen.

Ist eine Karriere wie die Ihre ohne akademische Ausbildung heutzutage noch denkbar?
Ohne akademische Ausbildung wird man heutzutage niemandem die Chance geben. Ich erachte allerdings die zwanghafte Akademisierung, wo am besten schon der Portier einen Bachelor hat, für übertrieben. Meinem Chef war vor 40 Jahren ein Titel egal, für ihn hat ausschließlich die Leistung gezählt. In der efko etwa hat der Rechnungswesenchef als Lehrling begonnen, unser Produktionsleiter und Chef von 250 Mitarbeitern ebenso. Auch ich bin der Überzeugung, gute Leute, die geerdet sind, bringen im täglichen Geschäft sehr viel weiter. Man muss aber schon bereit zur Weiterbildung sein. Ich hab unzählige Ausbildungen bis hin zu mehrmonatigen Management-Seminaren gemacht. Mein Credo im Leben war immer: Man muss einerseits das Glück haben, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, andererseits muss man versuchen, aus den Chancen dann etwas zu machen.

Im „Standard“-Interview sagten Sie im Vorjahr, dass „Lebensmittel nicht mehr billig werden“. Wie lange können wir uns noch das Essiggurkerl in der Wurstsemmel leisten?
Über die Jahrzehnte sind Lebensmittel und Lebenshaltung zunehmend billiger geworden. Der Anteil der Lebenshaltung von Essen und Trinken über Körperhygiene bis hin zu Waschmittel hat in den 70er-Jahren etwa 30 bis 40 Prozent eines Haushaltseinkommens ausgemacht. Das ist im Median auf unter zehn Prozent runtergegangen. Möglich gemacht haben das eine rationellere Lebensmittelindustrie mit mehr Mechanisierung und größeren Anbauflächen in der Landwirtschaft. Natürlich hat auch die Globalisierung dazu beigetragen, weil man in vielen Bereichen auf der Welt – ungeachtet der Qualität und sozialen Standards – wesentlich billiger produzieren kann. Diese Tatsache hat ermöglicht, dass das übrig gebliebene Geld in einen höheren Lebensstandard geflossen ist, in Urlaube, ins neueste Handy. Jetzt aber hat der Anteil der Lebensmittel eine Talsohle erreicht, die nicht mehr unterschritten werden kann. Den Punkt haben wir vor zwei, drei Jahren erreicht. Hätte es Corona oder den Ukraine-Krieg nicht gegeben, wäre das schon früher passiert. Die Vorzeichen haben sich umgedreht, und zwar unumkehrbar. Landwirte wissen mittlerweile um ihren Wert und suchen nach alternativen Vertriebsmöglichkeiten, weil sie nicht mehr zu Dumping-Preisen produzieren. Wenn es aber den Rohstoff nicht mehr gibt, dann gibt es auch viele Artikel nicht mehr. Das ist die Macht des Faktischen. Nehmen wir als Beispiel die Roten Rüben, hätte es in den vergangenen drei Jahren keine Preiserhöhung um 30 bis 40 Prozent gegeben, gäbe es keine mehr. Auch Landwirte müssen angemessen leben können. Aber für den Konsumenten muss alles billig sein, damit er sich am anderen Ende ein lässiges Handy leisten kann. Das kann es auch nicht sein. Und wenn doch, muss er halt ausweichen auf Ware aus der Türkei, aus Indien, aus Vietnam, wo andere soziale Standards herrschen. Mit den Essiggurkerln ist es ähnlich wie mit den chinesischen Autos. In Europa erlegen wir uns strengste Sozialstandards auf, kaufen aber dann die billige Ware aus dem Ausland. Wir müssen uns auf jeden Fall eindringlich mit Rohstoffalternativen beschäftigen. Rohstoffe, die erschwinglich sind, unter der Prämisse, dass der Kunde bereit ist, weniger Pflanzenschutzmittel, bessere Entlohnung etc. auch zu bezahlen.

Direktvermarkter in der Region boomen, was den Anschein erweckt, Kunden würden vermehrt auf Saisonalität und Regionalität setzen und auch bereit sein, dafür zu zahlen. Trügt der Schein?
Da gibt es das Phänomen des hybriden Konsumenten. Hält man dem ein Mikrofon vor die Nase, kauft er nachhaltig, bio, regional, saisonal und der Preis spielt keine Rolle. Das volle Programm. Am Regal beim Einkaufen schaut das dann ganz anders aus. Sagen wir es flapsig, wenn man sich bei einem Freund unbeliebt machen will, braucht man ihn nur zu fragen, ob man in den Kühlschrank schauen darf. Da wird man staunen, was man findet. Es braucht für bewusste Ernährung ein Mindestmaß an Intellekt und als zweites Interesse daran. Ich kann noch so gescheit sein, ein Triple-Magister, wenn es mir wurscht ist, was ich esse, dann kaufe ich das billigste Klumpert. Aus aktuellem Anlass: Mit der Ukraine-Krise sind die Lebensmittelpreise erheblich gestiegen. Am meisten gelitten haben absatzmäßig daraufhin die Bio-Lebensmittel. Wenn der Preis eine gewisse Schwelle überschreitet, hört sich das gesunde Essen auf. Die Wenigsten wollen zugunsten wertvoller Lebensmittel auf ihren Lebensstandard verzichten. Aber klar ist, Lebensmittel mit einem Mindeststandard an Qualität werden nicht mehr billiger. Es darf nicht verwundern, wenn in Deutschland diese günstiger sind als bei uns. Beim Nachbarn sind Pflanzenschutzmittel erlaubt, die in Österreich verboten sind. Es wird spannend, wohin sich die Lebensmittelbranche in den kommenden zehn, 15 Jahren entwickelt. Es ist auch schwer abzuschätzen, was in der Politik passieren wird. Gerade Herr Trump hat immer sehr überraschende Ideen.

Die Spargelsaison steht vor der Tür. Egal, ob Gurkerl oder Spargel, warum ist es heutzutage so schwierig, Erntehelfer zu finden?
Erntehilfe ist eine nicht planbare Arbeit. Es gibt keine fixe Arbeitszeit von 8.00 bis 16.00 Uhr. Geerntet muss werden, wenn die Ware reif ist. Da kann man keine Arbeitszeitmodelle anpassen. Und wenn viel Ware da ist, muss viel gearbeitet werden. Bei uns wissen das die Mitarbeiter. Seit Anbeginn der Zeit ist es so, dass im Juli, August der Bär steppt. Da muss auch samstags gearbeitet werden. Ohne die Menschen, die vor Jahrzehnten nach Österreich eingewandert sind, ginge das nicht. Die können mittlerweile perfekt Deutsch, sind bestens integriert und stellen das Rückgrat der Produktion dar. Der Klassiker bei efko ist, wenn der Vater im Schichtbetrieb arbeitet und der Sohn schon als Lebensmitteltechniker im weißen Mantel. Aber zurück zu den Ernte­helfern: Das ist besser geworden. Da gibt es inzwischen vernünftige, politische Agreements. Über eine Tatsache kommt man dabei nicht hinweg: Es gibt in Österreich Arbeiten, die durch Österreicher nicht zu bewerkstelligen sind. Die sind in Tschechien durch Tschechen nicht zu bewerkstelligen und in Ungarn nicht durch Ungarn. Also braucht es als Erntehelfer Ukrainer oder Kosovaren. 1.500 bis 1.700 Euro sind für die eine Welt. Österreicher lassen sich kaum mehr mit Geld locken, da zählen andere Dinge wie Work-Life-Balance.

Kennen Sie das Essiggurkerl-Syndrom?
Wie bitte?

Wenn man jausnet, am Ende noch ein Stück Gurkerl überbleibt und man wieder von vorne beginnt – noch ein kleines Wurstrad, eine Käsescheibe, ein Stück Brot …
(lacht) Ja, das ist der Klassiker. Es ist auch immer ganz lustig, wenn man mit Kindern am Tisch sitzt. Salzgurken mögen sie weniger, aber die Süßsauren essen die meisten mit Begeisterung. Essiggurkerl sind natürlich keine Frischware, aber in Zeiten wie unseren ist es bestimmt kein Fehler, Haltbargemachtes im Vorratsschrank zu haben.

Wofür werden Sie die frei gewordene Zeit nutzen?
Das klingt jetzt ein bisschen pathetisch, aber wenn man in seinem ganzen Leben immer auf die Butterseite geflogen ist, die Kinder und man selber gesund ist, Haus bauen konnte ohne große finanzielle Schwierigkeiten, dann hat man das Bedürfnis, etwas an die Gesellschaft zurückzugeben. Ich bin seit zwei Jahren Obmann der Sportunion und manifestiere das in meiner Vereinsarbeit, weil jeder Verein neben aktiven Athleten auch Funktionäre braucht. Sieht man beim Stadtlauf, wie Hunderte Kinder in allen Alterskategorien an den Start gehen, dann weiß man, die Zeit war gut investiert. Ohne das Geld, das der Stadtlauf einspielt, ließen sich keine Trainingslager oder Trainer für die Kinder finanzieren. Und die Union ist ein großer Verein mit schönen Sektionen – Volleyball, Tennis, Tischtennis, Leichtathletik, Triathlon. Aktuell steht die Generalsanierung unseres Vereinsheimes an. Das stemmt die Union komplett aus eigener Kraft, also ohne nennenswerte Förderungen. Außerdem habe ich als aktiver Triathlet im heurigen Jahr vor, in Klagenfurt bei der Langdistanz und in Mallorca auf der Halbdistanz an den Start zu gehen. Ich kann zwar weder gut schwimmen noch Rad fahren und auch nicht gut laufen, aber in Kombination kommen ganz gute Ergebnisse heraus. Worauf ich mich aber besonders freue, wenn mein Sohn mit Familie nach Österreich zurückkommt. Er war jetzt vier Jahre in Italien als Fluglehrer für Eurofighter-Piloten stationiert. Meinen kleinen Enkelsohn habe ich daher nur drei Mal im Jahr gesehen. Darum habe ich mich extrem gefreut, als die ganze Familie im Jänner zu meiner Abschiedsfeierlichkeit in Linz angereist ist und der kleine Mario im Publikum saß. Heuer ist insgesamt ein aufregendes Familienjahr, weil wir weiteren Zuwachs bekommen. Beide Schwiegertöchter erwarten Nachwuchs.

Vielen Dank für das Gespräch und den Kaffee!

Wordrap

  • Mein Wunschberuf als Kind: Schuhhändler wie meine Eltern
  • Die berühmten Drei für die einsame Insel: meine allerbes­ten Freunde, aber da reichen drei bei Weitem nicht
  • Mein Sehnsuchtsort: Mostviertel, mir gefällt es hier …
  • Wen ich gerne einmal treffen würde/getroffen hätte: Ö1-Moderatorin Renata Schmidtkunz oder den Philosophen Konrad Paul Liessmann
  • Team Hund oder Katze: Katze
  • Serientipp für ein verregnetes Wochenende: Da muss ich passen.
  • Mein letztes Konzert: Parov Stelar in Linz
  • Was ich schon immer einmal tun wollte, mich aber nicht getraut habe: Köpfler vom Zehner im Parkbad
  • Meine Henkersmahlzeit: Fiakergulasch mit Essiggurkerl
Seit 2023 ist Klaus Hraby Obmann der Waidhofner Sportunion. zVg
Veröffentlicht am 28. Februar 2025

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