Veröffentlicht am 2. Mai 2025

In der Zwickmühle

Kommentar von Herausgeber Leo Lugmayr

In einem Dilemma besonderen Ausmaßes stecken derzeit einige Gemeinden der Region. Sie haben vor einigen Jahren mit ihrem Energielieferanten aus dem Bereich der Wien Energie, die etwa das Kraftwerk Opponitz betreiben, Energielieferverträge über jeweils bestimmte Volumina an Stromlieferung abgeschlossen. Dieser Lieferumfang beträgt bei der Gemeinde Hollenstein 5 Gigawattstunden pro Jahr und beruht auf belastbaren Einschätzungen der Jahre vor der Pandemie. Die Verträge wurden im Lichte steigender Strompreise abgeschlossen und muteten sich damals als gutes Geschäft zur preisgünstigen Energieversorgung der Haushalte und Betriebe an. Die Verträge enthielten neben der Preisgarantie auch eine Mindestabnahmemenge pro Jahr und für den Fall, dass die vereinbarte Energiemenge unterschritten würde, Pönalzahlungen pro Kilowattstunde.

Was als Versorgungssicherheit für die Haushalte und Betriebe gedacht war, erweist sich nun als Schuss, der nach hinten losging. Denn nun hat sich die Situation so entwickelt, dass die Strompreise nicht wie vermutet weiter gestiegen, sondern im Gegenteil gesunken sind. Gleichzeitig ist der Energieeinkauf der Betriebe und Haushalte aufgrund von Eigenversorgung durch stark geförderte Photovoltaikanlagen enorm zurückgegangen. Das heißt einfach ausgedrückt: Die Gemeinden bringen den Strom, den sie abnehmen sollen, nur mit Verrechnung unter dem Einkaufspreis an die Kundschaft. Andererseits müssen sie für nicht abgenommene Strommengen teure Pönale an den Stromlieferanten zahlen. Beides trat 2024 ein. Die Gemeinden, beziehungsweise deren gemeindeeigene Licht- und Kraftvertriebsgesellschaften (LKV), schrieben in beiden Fällen hohe Verluste: Entweder sie verkaufen den Strom unter dem Einkaufspreis weiter, oder sie beziehen ihn nicht und zahlen dafür Pönale. Das summierte sich für die LKV Hollenstein und damit die Gemeinde für 2024 zu einem Verlust von 400.000 Euro! In Göstling ist der Krater noch größer, wo der Strom um 24 Cent eingekauft und um 16 Cent an die Kunden weiter verrechnet wird. Zusätzlich müssen auch dort Minderabnahmen teuer abgegolten werden. Eine klassische verlustreiche Zwickmühle für die Gemeinden und eine gewinnbringende Doppelmühle – Gewinn durch Lieferung oder Gewinn durch Nichtlieferung – für den Energielieferanten, um ein Bild aus dem Mühle-Spiel zu bemühen.

Dass das just in einer Zeit passiert, in der die Gemeindebudgets durch sinkende Ertragsanteile (Rezession und Spardruck) aus dem staatlichen Steuertöpfen und durch rückläufige Kommunalabgaben aus den lokalen Wirtschaftsbetrieben regelrecht austrocknen, ist doppelt schmerzlich. Es ist den betroffenen Gemeinden dabei ehrlich abzunehmen, dass sie bei Vertragsabschluss das Beste für ihre eigenen Finanzen und ihre Bürgerinnen und Bürger wollten. Es ist andererseits dem Energielieferanten nicht zu verdenken, dass er dieses Körberlgeld einstreift. Aber der Energielieferant aus Wien könnte sich langjährigen Stammkunden gegenüber auch großzügig zeigen und das Abkommen mit den Gemeinden neu aushandeln.

Denn was dabei seitens der Wien Energie aufs Spiel gesetzt wird, ist eine seit dem Bau des Kraftwerks Opponitz-Mirenau im Jahr 1924 gut gelebte Partnerschaft mit einigen Ybbstal-Gemeinden. Göstling hat den für die Wiener Stadtwerke zuständigen Stadtrat persönlich um Hilfeleistung gebeten und nicht einmal eine Antwort bekommen. Hollensteiner Gemeinde-Delegationen waren mehrmals in Wien. Das Verhalten der Wiener schafft Misstrauen, das noch andauern wird, nachdem die schmerzlichen Hundertausende Euros aus den Gemeindebudgets im Milliardenbudget des Energielieferanten untergegangen sind. Und der Verlust von Kundenvertrauen ist auch für den Energielieferanten in Wien keine gewinnbringende Doppelmühle.

Veröffentlicht am 2. Mai 2025

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