Kommentar von Herausgeber Leo Lugmayr
Am 16. Dezember verabschiedete der Waidhofner Gemeinderat eine Resolution an das Land Niederösterreich, in der die Stadt die Reduzierung der Sitze in Gemeinderat und Stadtrat vorschlägt. Statt 40 Gemeinderäten soll es künftig nur mehr 33 geben, statt zehn Stadträten nur noch acht. Hintergrund der Initiative ist, dass die Stadt – so wie die meisten anderen Kommunen auch – vor großen Herausforderungen steht, die finanzielle Gemeindegebarung ins Lot zu richten. „Wir setzen dabei den Sparstift auch sehr sichtbar bei uns selber an“, so die hehre Begründung. Die Einsparung schlüge sich mit einer Einsparung von 97.000 Euro im Jahr zu Buche. Diesbezüglich ist das wirklich eine noble und edle Geste.
Ein Gemeinderat, das ist seit der Bezügereform im Jahr 1997 so festgelegt, erhält in Waidhofen derzeit rund 590 Euro im Monat als Bruttobezug. Das schlägt sich je nach Hauptverdienst und Steuereinstufung der nebenberuflich tätigen Mandatarinnen und Mandatare und nach Abzug von Parteisteuer, Einkommensteuer und weiteren gesetzlichen Abgaben mit 200 bis 500 Euro im Geldbörsel zu Buche. Dafür arbeiten die meisten Mandatare in Besprechungen, Ausschusstätigkeit, Aktenstudium inklusive Abend- und Wochenendterminen wirklich viel. Eine Gemeinderätin, die ich am Rande der dreistündigen Sitzung am Montagabend gefragt habe, schätzte mir ihren Arbeitsaufwand auf etwa 15 Stunden pro Woche, also 60 bis 70 Stunden im Monat. Bei Stadträten ist das ein Vielfaches. Das würde einen Nettostundenlohn von drei bis acht Euro bedeuten.
Dass die Statutarstadt Salzburg mit 157.000 Einwohnern auch von einem 40-köpfigen Gemeindeparlament vertreten wird, wird gerne als Argument für die Reduzierung angeführt. Dort „betreut“ rein rechnerisch ein Gemeinderat rund 4.000 Einwohnerinnen und Einwohner. In Waidhofen entfallen rechnerisch bei 11.000 Hauptwohnsitzern rund 300 Einwohner auf einen politischen Vertreter. Auch das ist ein gutes Argument für die Reduktion. Die Machtverhältnisse im Gemeinderat würden sich durch die Reduzierung aktuell kaum verschieben.
Doch hat die Betrachtung dieser Medaille auch eine zweite Seite. Bei 33 Mandatarinnen und Mandataren hätte man wohl auch weniger Meinungsvielfalt in der Diskussion und weniger unterschiedliche Expertise. Außerdem würde die Abbildung aller Ortsteile im Gemeinderat damit schwieriger und kleine Parteien hätten eine höhere Hürde zu überwinden, um in den Gemeinderat einzuziehen. Man kann es auch so sehen: Man erspart sich nicht nur Geld, sondern man verzichtet auch auf viel Arbeit und Vielfalt. Vielleicht wäre es eine Idee anzudenken, in den Ortschaften eine Art ehrenamtliche Ortsvorsteherin oder Ortsvorsteher einzurichten, die dann in erweiterten Sitzungen des Gemeinderats dort Mitsprache ohne Stimmrecht besitzen würden?
Denn eines steht fest: Es gibt in Waidhofen viele Menschen mit guten Ideen, Menschen, die sich aber den zeitlichen Aufwand als Gemeinderätin oder Gemeinderat erst gar nicht antun wollen oder zeitlich auch nicht können. Diese Menschen einzubinden, wäre eine Chance. Demokratie hat viele Standbeine. Eines davon ist die sogenannte „Partizipation“, zu Deutsch „Teilhabe“. Die Demokratie sollte die Teilhabe von möglichst vielen Menschen anstreben. Das gilt auch für die Gemeindepolitik. Dann wäre weniger vielleicht sogar mehr.