Kommentar von Leo Lugmayr
Eigentlich mag ich nichts zur Regierungsbildung schreiben, denn man sollte ja den Sondierungen nicht vorgreifen. Nachdem aber alle Kommentatoren sich dieses Themas annehmen, lasse ich mich doch zu ein paar – ernsten und weniger ernst gemeinten – Spekulationen verleiten.
Eine Spekulation ist: „Zu Allerheiligen steht die neue Bundesregierung!“ (Scherz!) Eine andere: „Zu Weihnachten steht die Bundesregierung!“ (Auch Scherz. Im Jänner ist erst die Wahl im Burgenland.) Oder aber: „Am Faschingdienstag, nein, am Ostersonntag steht die Bundesregierung!“ (Halleluja!)
Der Bundespräsident hat mit seiner Ansage, vorerst niemandem einen Auftrag zur Regierungsbildung zu erteilen, die diplomatische Entscheidung der mutigen vorgezogen. Der Obmann der stimmenstärksten Partei koordiniert die Sondierungstermine. (Sein Wille geschehe?)
Jetzt aber ernsthaft: Tatsächlich steht der Bundespräsident vor einer sehr schwierigen Aufgabe. Fest steht, dass der Präsident sein Renommee riskiert, was immer er tut. Erteilt er dem Obmann der stimmenstärksten Partei den Auftrag zur Regierungsbildung, so läuft er Gefahr, sich die Demonstrantinnenschar in den Pelz zu klauben, die kürzlich an einem Donnerstag wieder die Wiener Ringstraße entlang gezogen ist und lauthals gegen eine Regierungsbeteiligung der FPÖ demonstriert hat. Erteilt er Nehammer, Kogler, Meinl-Reisinger oder Babler den Auftrag zur Regierungsbildung, könnte das von 29 % der österreichischen Wählerschaft als ein Schlag ins Gesicht und eine Missachtung des Wählervotums gedeutet werden.
Dass alle denkbaren Koalitionen entweder von den Betroffenen ausgeschlossen werden oder allzu sichtbare Pferdefüße enthalten, macht die Bildung einer beständigen Regierung nicht leicht. Wie wäre es mit einer Minderheitsregierung? (Lachen Sie nicht, das hat es schon gegeben.) Oder Neuwahlen, wenn niemand etwas zusammenbringt? (Gott behüte!)
Wie wäre es mit einer Konzentrationsregierung? Das heißt alle Parteien bekommen ein Regierungsamt. Unvorstellbar! Wirklich unvorstellbar?
Eine Konzentrationsregierung wäre zwar die mühsamste aller Regierungsformen, würde aber weder den Wahlsieger vergrämen noch eine Partei von der Regierung ausschließen.
Erlauben Sie mir ein gewagtes Gedankenspiel zu einer Konzentrationsregierung:
Jede Partei stellt ein Jahr lang die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler, die sich im Jahrestakt ablösen. Jede Partei stellt auch ein Jahr lang die Vizekanzlerin.
Weiters, nur so zum Nachdenken: eine blaue Innenministerin, ein türkiser Arbeits- und Wirtschaftsminister (Schade, dass Kocher geht!), ein pinker Bildungsminister, eine rote Außenministerin, eine grüne Finanzministerin, ein blauer Justizminister, eine türkise Kunstministerin, ein grüner Umweltminister, eine rote Sozialministerin, eine blaue Landwirtschaftsministerin, ein pinker Unterrichtsminister. Klaudia Tanner bleibt Verteidigungsministerin (Ich mag sie einfach! Außerdem ist die sympathische Grestnerin eine Abonnentin vom „Ybbstaler“ …). Und Claudia Plakolm wird Ministerin in einem noch zu schaffenden Zukunftsministerium (Noch nie hat jemand Ehrenamt, Zivildienst und Digitalisierung so gut gemacht wie sie!). Regierungsmotto: „Miteinander anpacken!“ Gleichzeitig könnte man alle Staatssekretärinnen einsparen.
Aber jetzt vergessen Sie das besser wieder, ist ja nur eine Träumerei gewesen. Tatsache ist vielmehr: Politik ist ein knochenhartes Geschäft und ein Bohren dicker Bretter, vielfach eine Sisyphosarbeit, und jedenfalls wird Dank auch in der kommenden Legislaturperiode keine politische Kategorie sein.
Nächste Woche schreibe ich lieber über „Allerheiligen – ein sozio-kulturelles Erlebnis!“
P. S.: Wie wäre die Nationalratswahl wohl ausgegangen, wenn Pamela Rendi-Wagner SPÖ-Vorsitzende geblieben wäre?