Architekt und Autor des Stadtprojekts Waidhofen Ernst Beneder wies am Info-Abend auf die Notwendigkeit des zivilen Ungehorsams hin

In ihren Statements eröffneten die fünf Redner beim Info-Abend im Plenkersaal ihre Sicht der Dinge aus jeweils ganz spezifischer Perspektive. Bürgermeister Werner Krammer zeigte sich in seiner Rede als Getriebener zweier Forderungen. Einerseits sieht er als Stadtoberhaupt die finanzielle Ernstlage der Gemeinden, die von der Gesundheitsversorgung nicht zu trennen ist, andererseits gibt er sich als prononcierter Verfechter eines von ihm vehement geforderten zweiten Notarztmittels, ohne den Weiterbestand der aktuellen Notarztversorgung vom Landesklinikum Waidhofen aus, den alle im Saal – im Publikum wie am Podium – wohl gern sehen würden, als Option mit Wahrscheinlichkeit ernsthaft sehen zu können.
Landesrettungskommandant Wolfgang Frühwirt ließ mit der Darstellung aufhorchen, dass Niederösterreich in absehbarer Zeit über einen eklatanten Mangel an ausgebildeten Notärzten und Notärztinnen verfügen wird. „Vor Jahren wurden 70 Notärzte pro Jahr ausgebildet, 2024 waren es nur mehr neun. Die Ausbildung ist sehr aufwendig geworden. Wir werden die bisherigen 32 Notarzt-Standorte bald nicht mehr besetzen können. Das ist mit ein Grund, warum diese Standorte auf 21 Stützpunkte reduziert werden“, beschrieb Frühwirt die aktuelle Situation. Eine weitere Forderung Krammers: „Das alte System darf erst dann aufgelassen werden, wenn ein neues voll wirksam ist.“
Wird Waidhofen kaputt geschrumpft?
Eine klare Warnung der Ärzteschaft richtet sich an die Absiedlung von Stationen aus Waidhofen nach Amstetten: „Wenn Urologie und Herzkatheder nach Amstetten siedeln, wo noch gar kein Platz dafür ist, ist das Krankenhaus Waidhofen tot!“ In dieselbe Kerbe schlug Primar Martin Gattermeier, Wegbereiter des Herzkatheterlabors im Waidhofner Klinikum: „Wenn der Notarztstützpunkt fällt, fällt das ganze Krankenhaus Waidhofen! Dann bleibt nichts über als ein Standort für Altersmedizin.“
Rudolf Aschauer, ehemals ärztlicher Leiter des Krankenhauses Waidhofen: „Wie ich das in der Zeitung gelesen habe, war ich entsetzt!“ Und er geht weiter: „Uns steht ein Notarzt zu! Wenn wir das nicht zugestanden bekommen, ist das Ybbstal diskriminiert!“
Fassungslos zeigte sich der frühere Geschäftsführer der Landesgesundheitsagentur (LGA) Helmut Krenn: „Wir können uns das nicht gefallen lassen! Das gibt die Fläche her und die Bevölkerungszahl!“ Für das riesige Versorgungsgebiet sei ein NEF-Standort in Amstetten völlig unzureichend, um den Standort Waidhofen müsste man kämpfen, erklärte er. Krenn weiter: „Ich möchte nur sagen, dass man keine Kostenschätzung für den neuen Gesundheitsplan hat. Es wird sicher nicht billiger, aber für die Region sicher schlechter.“ „Wir dürfen nicht aufgeben. Ohne fachlichen Grund den Stützpunkt zu sperren, das können wir uns nicht gefallen lassen“, so Krenn.
Eine heftige Attacke ritt auch Hollensteins Bürgermeisterin Manuela Zebenholzer (SPÖ): „Amstetten ist auch im Notarztwagen eine dreiviertel Stunde entfernt. Und wir reden nicht nur von der Bevölkerung, sondern auch jährlich von Tausenden Sporttouristen!“
Aufruf, Petition zu unterstützen
In einen größeren Kontext stellt der Architekt und Autor des Stadtprojekts Waidhofen Ernst Beneder in seiner Wortmeldung die Causa Notarztversorgung: Zum Stichwort, das Regelwerk zur Ausbildung der Notärzte verhindere, dass es diese überhaupt in ausreichender Zahl gäbe, zitierte Beneder Architekt Friedrich Achleitner, demnach – um im „Fach“ authentisch und glaubwürdig zu bleiben – oft nur der Weg in den „zivilen Ungehorsam“ verbleibe. „Was nichts anderes heißt, als an eben den hinderlichen Regelwerken zu arbeiten, um ans Ziel zu kommen. Denn Waidhofen besticht tatsächlich als Kleinstadt durch seine Vielfalt und sein niederschwelliges Angebot an Dienstleistung, Expertise und Kompetenz, besonders auch im Gesundheitsbereich. Die dann begründete Lebensqualität ist identitätsstiftend und nicht in monetären und effizienzbegründeten Zahlen darstellbar. Vielmehr ist sie Vorbild in kleinen zugänglichen Strukturen, das Gefühl von Stadt erst zu begründen!“
Zur Aufgabe der Idee, den Notarzt-Stützpunkt in herkömmlicher Form zu halten, war an diesem Abend wohl niemand zu bewegen; alle hingegen dafür, die Petition „Jede Minute zählt“ zu unterschreiben. https://waidhofen.at/sos-notarzt-jede-minute-zaehlt







