Seit 1848 ist am Unteren Stadtplatz ein Papierhandel tätig. Mit Jahresende lässt das Geschäft die Rollläden endgültig herunter.
Nach 176 Jahren durchgehenden Betriebs schließt eine Waidhofner Institution ihre Pforten. Das Papierfachgeschäft Kappus, das seit 2007 von Susanne Feuerschlager geführt wird, lässt mit Jahresende die Geschäftstätigkeit ausklingen.
„Umsatzvorgaben bei Bestellungen, die Konkurrenz der Internetshops, die Umstellung auf Laptops in den Schulen, das sind alles Faktoren, die über die Jahre den Umsatz geschmälert haben, sodass eine Weiterführung des Geschäfts keinen Sinn macht“, sagt Feuerschlager. Dabei war das Geschäft über Jahrzehnte auch eine Fundgrube von Raritäten. Ob der Reimmichl-Kalender oder Endlospapier von der Industrierolle, bei Kappus fand die Kundschaft, was sonst kaum jemand im Sortiment hatte. „Wir haben auch Stempel gemacht und waren beim Kunstbedarf eine der ersten Adressen im Bezirk“, sagt Feuerschlager. Durch die Vorgabe von Mindestbestellmengen überholten in den vergangenen Jahrzehnten Einkaufszentren Schritt für Schritt den liebevollen Detailhandel.
„Schulanfänge wie vor 30 Jahren, wo die Jugendlichen oder die Eltern bei uns Schlange gestanden sind, gibt es nicht mehr“, sagt Feuerschlager resignierend. Von einzelnen Gummiringerln bis zur Schultasche gab es alles für den Schulanfang. „Es war gang und gäbe, dass Familien ihre Schulanfangslisten einfach bei uns abgaben und tags darauf von uns fein zusammengestellt für die Kinderschar abholten“, erinnert sich die Geschäftsfrau.
Die laufenden Umsatzrückgänge wirkten sich auf das Geschäftsmodell negativ aus. Corona brachte schließlich einen drastischen Umsatzeinbruch. Das Online-Business profitierte hingegen davon. „Ich möchte der Hausbesitzerfamilie Reitbauer herzlich danken, dass sie uns in dieser Zeit mit Mietzinsreduktionen über die Runden geholfen hat“, so Feuerschlager.
Gegründet war das Geschäft als Buchbinderei und Papierhandel im Revolutionsjahr 1848 von Georg Helmhart worden. Nach dessen Ableben 1891 führte es seine Witwe Josefine weiter, um es 1907 an ihre Tochter und Schwiegersohn Josefine und Heinrich Ellinger zu übergeben. Diese verstarb 1946. Deren Tochter Helene Ellinger und verwitwete Nadlinger übernahm in zweiter Ehe als Helene Kappus den Betrieb und übergab ihn wiederum an ihre Tochter Hildegund Schöttner. Nach deren Pensionierung übernahm im Jahr 2007 Susanne Feuerschlager das Geschäft, die ab 1982 im Betrieb als Einzelhandelskauffrau bei Kappus ausgebildet worden war. Hochrangigster Gast war wahrscheinlich Bundespräsident Heinz Fischer, der dem Geschäft in seiner Amtszeit als Staatsoberhaupt im Rahmen eines Waidhofen-Aufenthalts einen Besuch abgestattet hat.