Ein grandioses Spektakel, da flogen die Fetzen, da zersplitterte das Porzellan. So hob Philipp Hochmair Goethes „Werther“ auf Höhe der Zeit

Welche Relevanz hat Goethes gefühlsschwangerer Briefroman „Die Leiden des jungen Werther“, in dem er den Weg des liebeskranken Werther zum Suizid beschreibt, noch in den Zeiten von Facebook, Twitter und „iPhone“-Kultur? Damit setzt sich Philipp Hochmair in seinem „Werther“ auseinander. Mit dem Werk war er am Sonntag im Klangraum Waidhofen zu Gast. Schon im Vorjahr hatte er mit dem Stück „Hagestolz“ das Waidhofner Publikum begeistert.
Philipp Hochmair erzählt Werthers Geschichte unter Verwendung des Originaltextes aus heutiger Sicht. Eine Aufführung, die zwischen Lesung, Monodrama und Performance oszilliert. Den Ego-Trip aus der klassischen deutschen Literatur formuliert Hochmair als Exzess, indem er dessen Radikalität wie mit einer Sezierklinge aus der Idylle schält. Eine explosive Interpretation, die alle Grenzen der Bühnenkonventionen sprengt und doch die Thematik so gelungen in die Gegenwart übersetzt, wie wohl noch keine Interpretation zuvor. Heftig und subversiv und doch so präzise treffend, kommt es daher, wenn Gefühl über Rationalität triumphiert. Ob in Form eines Eisbergsalat-Massakers oder im Zerreißen einer Packung Frankfurter Würstel; ob im Zersplittern von Porzellan oder im Hantieren mit einer Pistole: Hochmair zerhackt die Bühne zum Schlachtfeld. Dazu ein deftiger Witz, der in der Erzählung erstarrt, ohne sich auf seine eigene Geschmacklosigkeit einzulassen. Hochmair schöpft aus dem Vollen und liefert doch eine zeitgerechte Übersetzung des Goethe-Werks. Hochmair, eine Naturgewalt!