Im Ybbstal beutelt die Wahlarithmetik die politische Farbenlehre ordentlich durcheinander. Starke Zugewinne der FPÖ, deutliche Verluste der ÖVP und Stagnation bei der SPÖ und den NEOS. Die Grünen verlieren ebenfalls.

Die Nationalratswahl ist geschlagen. Es ist in einem Satz gesagt: Der Bezirk Amstetten und das Ybbstal liegen im Bundestrend. Im Bezirk Amstetten ist nach dieser Nationalratswahl erstmals die FPÖ stimmenstärkste Partei. Rechnet man die Statutarstadt Waidhofen mit ihrem ÖVP-Stimmenüberhang dazu, dann hat die ÖVP in der Stimmensumme allerdings gerade noch die Nase vorn.
Die seinerzeit so sichere rote Hochburg Stadt Amstetten hat nach Bürgermeisterwechsel hin zu Türkis diesmal mit 32 % an FPÖ-Stimmen eindeutig blau gewählt. In Waidhofen schaffte es die FPÖ erstmals auf Platz 2, indem sie von 14,77 % auf 26,92 % mehr als 12 % zulegt. Die Bürgermeisterpartei ÖVP verliert in der Statutarstadt fast 14 %.
Denkzettel für Spitzenkandidaten
Ein spannendes Phänomen ist: Heimvorteil gibt es für die Kandidaten offenbar keinen, eher einen „Heimnachteil“: Denn dort, wo die Nationalratsabgeordneten und Listenführer daheim sind, bekommen sie besonders kräftige Denkzettel verpasst.
ÖVP-Nationalratsabgeordneter Andreas Hanger steht in der Heimatgemeinde Ybbsitz vor einem Minus seiner Partei von fast 21 % (!), während die Freiheitlichen 17 % zulegten. Bauernbund-Präsident Georg Strasser fuhr in seiner Heimat Nöchling für die ÖVP ein Minus von 17,2 % ein. SPÖ-Nationalratsabgeordnetem Alois Schroll geht es nicht besser: In seiner Heimatstadt Ybbs muss er einen herausragenden Verlust seiner Partei von minus 4,52 % verkraften. FPÖ-Bezirkslistenerster Alexander Schnabel hat in Opponitz zwar ein Plus von 13 % erreicht, das aber bescheidener ausfällt als in den Nachbargemeinden Hollenstein, Ybbsitz oder Waidhofen.
Außerhalb des Trends: Die SPÖ Waidhofen kann einen halben Prozentpunkt von 17 % auf 17,5 %
zulegen. Die ÖVP verliert in Waidhofen 14 % und hält bei 31,4 %, Grüne verlieren 5,3 %, NEOS legen 0,8 % zu auf 9 %. Die Waidhofner FPÖ wird mit 26,92 % (plus 14,77 %) hinter der ÖVP zweitstärkste Kraft.
Stimmenstärkste Partei wurde die FPÖ in der Region in den Gemeinden Sonntagberg, Kematen, Neuhofen, Amstetten, Behamberg, Haidershofen, Ernsthofen, St. Pantaleon-Erla, Gresten und Gaming. Auch in Gaflenz und Weyer ist die FPÖ jeweils erstmals in ihrer Geschichte stimmenstärkste Partei.
Eines bleibt künftig gleich: Im Parlament werden dieselben fünf Klubs vertreten sein wie schon bisher: drei mittelgroße Klubs (FPÖ, ÖVP, SPÖ), von denen wohl zwei an der künftigen Regierung beteiligt sein werden, und zwei Kleinparteien unter der Zehn-Prozent-Marke (NEOS, Grüne), die je nach Konstellation Zünglein an der Waage spielen können.
Rekord-Wahlbeteiligung über 84 %
Die Wahlbeteiligung war so hoch wie noch nie in diesem Jahrhundert! Sie lag im Bezirk Amstetten bei 84,1 %, in Waidhofen sogar bei 85,3 %. Österreichweit betrachtet stellt sich Folgendes dar: In den Bundesländern Oberösterreich, Steiermark, Kärnten und dem Burgenland ist jeweils die FPÖ landesweit die stimmenstärkste Partei. In Niederösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg erhielt in Summe stets die ÖVP den höchsten Stimmenanteil. Wien bleibt rot. Nur der Bezirk Floridsdorf kippte ins Blaue. Der erste Bezirk (Innenstadt), Hietzing und Döbling blieben bei Verlusten ÖVP-Hochburgen.
Resümee Hanger, Schroll und Schnabel
Was sagen die Bezirksvordersten auf den Wahllisten zum Ergebnis? Andreas Hanger (ÖVP):
„Es ist ein ernüchterndes Ergebnis. Trotz einer so engagierten Wahlbewegung und guter Stimmung haben wir unser Ziel nicht erreicht.“ Ein Direktmandat hat er im Wahlkreis keines erreicht. Er muss nun auf den Wiedereinzug in den Nationalrat auf der Bundesliste hoffen, wo er auf Platz 13 rangiert.
Alois Schroll (SPÖ): „Das ist absolut nicht das erhoffte Ergebnis. Mich wundert es, dass man in diesen Zeiten mit unseren sozialen Themen offenbar nicht so durchkommt wie angenommen.“ Sein Direktmandat hat Schroll aber erreicht. Es ist mit rund 1.500 Stimmen abgesichert. Anders Alexander Schnabel (FPÖ): „Es ist in erster Linie ein historisches Ergebnis. Die FPÖ hat damit Geschichte geschrieben.“
Nun liege es an den Verhandlungen, welche Regierung Österreich in den kommenden fünf Jahren bekomme.
Wahlergebnisse im Ybbstal
