Veröffentlicht am 11. April 2025

„Unsere“ Landesausstellung

Kommentar von Herausgeber Leo Lugmayr

Die NÖ Landesausstellung findet 2026 in Mauer bei Amstetten statt. Der Arbeitstitel lautet „Wunder Mensch. Seelische Gesundheit im Wandel der Zeit“. Und das hat großes Potenzial. Denn in jedem der Wörter steckt eine Geschichte. Denn es haben sich die Vorstellungen von der „seelischen Gesundheit der Menschen“ im 20. und 21. Jahrhundert stark gewandelt. Als „Landesheil- und Pflegeanstalt für Geisteskranke“ wurde das heutige Landesklinikum ab dem Jahr 1898 in Pavillonbauweise im Auftrag von Kaiser Franz Joseph errichtet, der die Anlage 1902 feierlich eröffnete. Es wurde von den Architekten Carlo von Boog und Erich Gschöpf nach modernsten Richtlinien im Jugendstil entworfen und galt als Vorbild für die Klinik Am Steinhof in Wien, die darauffolgend ab 1902 von Otto Wagner gebaut wurde. Mauer gilt bis heute als wichtigstes Jugendstil-Ensemble Niederösterreichs.

Sosehr die Gesundheitsversorgung in Mauer in den Gründungsjahren als bahnbrechend galt, so sehr schrieb Mauer in der Zeit des Nationalsozialismus eine dunkle und menschenverachtende Geschichte der Zwangssterilisationen und Krankenmorde mit. Zwischen Juni 1940 und August 1941 wurden rund 1.300 Patientinnen und Patienten aus Mauer in der Tötungsanstalt Schloss Hartheim bei Linz durch Giftgas getötet. Auch anstaltsintern wurde vielfach gemordet.

Heute beherbergt das Landesklinikum neben der akutpsychiatrischen Abteilung auch Einrichtungen für Alkoholentwöhnung, Drogenentzug, forensische Psychiatrie, Psychosomatik, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Soziotherapie und Rehabilitation. Außerdem gibt es drei neurologische Abteilungen mit einer Wachkomastation, eine interne Geriatrie und mehrere Pflegeheime. Das Landesklinikum gilt auf diesen Gebieten der Medizin auf modernstem Stand. Was soll nun eine Landesausstellung in dem Krankenhaus mit so wechselnder Geschichte bringen? Es bringt die Wertschätzung für eine großartige Einrichtung und die Wertschätzung für die medizinische und pflegerische Arbeit zum Ausdruck. Außerdem macht die Landesschau auf das architektonische Juwel aufmerksam und löst durch den Besucherstrom wirtschaftliche Impulse und mediale Beachtung für eine lebenswerte Region aus. Es wird Verantwortungsarbeit in Hinblick auf die dort stattgefundenen NS-Verbrechen geleistet. Wir – die Nachgeborenen jener Zeit – tragen keine Schuld an den Geschehnissen, wir tragen aber Verantwortung für das Gedenken, die Erinnerung und das „Nie-wieder“.

Mit der Ausstellung mittransportiert werden im Beipack die Sehenswürdigkeiten und Stärken der Region: der Tierpark Haag, die Radwege, das Stift Seitenstetten, die Stadt Waidhofen, der Panoramahöhenweg, das Schmiedezentrum Ybbsitz, das Fischerdorf Opponitz, der Königsberg, die Bauernjause, die Basilika am Sonntagberg, „wo man dem Himmel näher ist“, wie eine Redewendung sagt. Bereits jetzt sind wir alle gefordert, Vorkehrungen zu treffen, dass die Gemeinden und die Wirtschaft vom Besucherstrom nachhaltig und langfristig profitieren können, damit die Region mit ihren Sehenswürdigkeiten und ihrem hohen Erlebnispotenzial weit über Niederösterreichs Grenzen hinaus bekannt wird.

Mit der Landesausstellung „Feuer und Erde“ im Jahr 2007 in Waidhofen und St. Peter und mit der Dreiländerausstellung der Eisenstraße 1998 hatte man ähnliche Effekte erzielt. Und das beginnt bei uns allen und jetzt: Denn Mauer wird „unsere Landesausstellung“ und eine Chance für die Region sein.

Veröffentlicht am 11. April 2025

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