Veröffentlicht am 15. Februar 2025

Vom Maschinenschlosser zum Business-Man in Dubai

Verband man die Legende „Vom Tellerwäscher zum Millionär“ lange Zeit mit dem American Dream, so hat sich dieser Mythos nun wesentlich weiter östlich manifestiert. Dubai ist heutzutage „the place to be“ für Unternehmer und Investoren, Kreative und Designer, Influencer und andere Glücksritter. Den Beweis, dass man es im Wüstenstaat weit bringen kann, liefert ein junger Ybbstaler. Patrick Mayr aus Waidhofen zog Anfang des Jahres aus, um im arabischen Emirat Karriere zu machen. Zwischen zwei Meetings hat sich der 33-Jährige für ein Gespräch mit Redakteurin Karin Novak Zeit genommen. Geführt wurde es über Botim, dem WhatsApp des Ostens. Unter anderem fasst der Vater einer fünfjährigen Tochter zusammen, was es braucht, um vom gelernten Maschinenschlosser zum Directors of Business Development beim German Emirates Club aufzusteigen, und räumt nebenbei mit einigen Klischees auf

Patrick Mayr aus Waidhofen im Interview zVg

Von der Lehre in der Böhler zum Consulter mit eigenem Unternehmen in Dubai. Eine beeindruckende Berufslaufbahn, die nach viel Einsatz klingt …
Mit einer „Nine-to-five“-Einstellung geht das natürlich nicht. (lacht) Heute etwa hat mein Arbeitstag um halb acht begonnen und wird nach einem Abendmeeting um halb elf vermutlich gegen ein Uhr früh enden. Andererseits muss ich sagen: In Österreich hätte ich trotz dieses Einsatzes niemals diese Führungsebene erreicht, weil bei uns ohne Studium eine derartige Karriere undenkbar ist. Diese habe ich Jan Hussing, dem CEO des German Emirates Clubs (Anm. Gemeinschaft deutschsprachiger Expats), zu verdanken, der die Fähigkeiten einer Person über deren schulische Ausbildung stellt – und das, obwohl er selbst vier Studien abgeschlossen hat. Seiner Meinung nach lernt man das Wichtigste im Berufsleben, in der Praxis – und er war immerhin Mercedes-Benz-Chef, Chef von ING und Dubai Islamic Bank. Aber beginnen wir von vorne. Nach einem kleinen Arbeitsunfall mit 21 Jahren ist mir klar geworden, Office-Arbeit passt besser zu mir. Im Technischen Außendienst habe ich mich gleich wohlgefühlt und nebenbei begonnen, mich über Vertriebs- und Marketing-Conventions weiterzubilden. Nach ein paar Stationen in der metallverarbeitenden Branche, darunter auch in der Firma Welser, übernahm ich die externe Vertriebsleitung für einen Schweizer Konzern. Knapp 80 Mitarbeiter hatte ich da verteilt über Amerika und Europa zu führen. Als logischen Schritt hat man mich gebeten, an den Lago Maggiore zu ziehen. Ehrlich gesagt, fehlten mir dort die Perspektiven und Lifestyle-Möglichkeiten. Und dann fragte mich der Vertriebsleiter der größten deutschsprachigen Immobilien­agentur in Dubai, den ich zufällig ein paar Jahre zuvor kennengelernt hatte, ob Dubai nichts für mich wäre. Das dortige Prinzip, wer viel arbeitet und umsetzt, verdient viel, entspricht ganz meiner Einstellung zur Arbeit. Und so habe ich vergangenen Sommer bereits von Österreich aus – noch ohne Dienstvertrag – zu arbeiten begonnen.

Ist es in der Immobilienbranche nicht vorteilhafter, vor Ort zu sein?
Dadurch, dass wir Off-Plan verkauft haben, war das nicht zwingend notwendig. Sprich man verkauft noch nicht realisierte Immobilien des geplanten Bauprojekts anhand eines 3D-Modells. Die ers­ten drei Monate habe ich quasi „for free“ gearbeitet. Es ist in Dubai eine übliche Vorgehensweise, sich zuerst einmal beweisen zu müssen. Hier leben knapp drei Millionen Menschen, wovon 70 Prozent nur groß reden, aber nichts dahinter ist. Neben ein paar echten Machern gibt es leider sehr viele Blender. Darum vergewissern sich viele, bevor sie dich einstellen oder mit dir arbeiten, von deinen Fähigkeiten. Anfang des Jahres habe ich dann bei einer Real-Estate-Konferenz Jan Hussing kennengelernt und er hat mir – für mich überraschend und zugleich herausfordernd – die Stelle des Directors of Business Development offeriert. Mittlerweile leite ich die Geschäftsbeziehungen der deutschsprachigen Unternehmen im Land, sitze mit CEOs, die teilweise Tausende Mitarbeiter führen, an einem Tisch und berate sie. Inzwischen spricht Jan von uns, also von ihm und mir, als Kopf der ganzen Firma.

Verdient man im Land des unermesslichen Reichtums tatsächlich so gut?
Die wenigsten verdienen richtig gutes Geld. Der Durchschnittslohn eines normalen arabischen Arbeiters liegt bei vier- bis fünftausend Dirham, umgerechnet 1.300 Euro – und das bei einer 48-Stunden-Woche. Viele können sich daher nur ein Einzelbett in einem Zimmer mit fünf weiteren Einzelbetten als Wohnung leisten. Lebensmittel sind vielleicht um ein Drittel güns­tiger als in Österreich, für die arabischen Arbeiter trotzdem teuer. Wenn man allerdings bereit ist, hart zu arbeiten, kann man es tatsächlich in kurzer Zeit zum Millionär schaffen. Ich selbst bin mit meiner Firma PM Consulting auf Sales und Marketing spezialisiert und verdiene auf Euro-Basis ein mittleres fünfstelliges Einkommen im Monat. Das ist auch steuerlich bedeutend interessanter als in Österreich: Ab 80.000 Euro Jahresumsatz zahlt man neun Prozent Körperschaftsteuer, darunter ist man steuerfrei.

Was muss man neben der Arbeitseinstellung noch mitbringen, um in Dubai erfolgreich zu sein?
Englisch! Selbst in Unternehmen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz ist die Geschäftssprache hier vor Ort Englisch. Mein Sprachalltag besteht zu 70 Prozent daraus.

Haben Sie dazu Kurse für Business-English besucht?
Kurse habe ich keine besucht, ich habe mir sehr viele Zeitschriften und Bücher gekauft. Die Vokabeln, die ich nicht verstand, habe ich markiert und gegoogelt. Nebenbei habe ich Filme und Serien auf Englisch gestreamt. Aber so wichtig wie die Sprache ist mindes­tens auch das Mindset. Man muss an seine eigenen Fähigkeiten und Talente glauben und „outside the box“ denken können. Eines möchte ich jungen Menschen auf diesem Weg unbedingt mitgeben: Nur weil man, z. B. Maurer, gelernt hat, heißt das nicht, dass man nicht etwas ganz anderes machen kann. Oft wird vom Elternhaus etwas vorgegeben, was man selbst nicht ist, dann sollte man sich auf keinen Fall begrenzen und mutig gegen den Strom schwimmen. Ich habe in Österreich mit jungen Menschen gearbeitet, die sehr viel Potenzial hatten, aber leider verbrannt wurden. Ein anschauliches Spiel ist der CIA-Test. Von 20 Leuten in einem Raum sind 19 CEOs und einer ist der Bewerber. Jeder kriegt einen Zettel mit einem Symbol. Die 19 CEOs erhalten ein Rechteck, der Bewerber als Einziger ein Dreieck. Alle werden nun gefragt, welches Symbol sie haben. Zuletzt wird der Bewerber gefragt, der interessanterweise zu 95 Prozent auch Rechteck sagt, einfach weil er nicht gegen den Strom schwimmen will. Gerade in Dubai kannst du aber sehr erfolgreich sein, wenn du gegen den Strom schwimmst. Hier ist man immer auf der Suche nach ungewöhnlichen Talenten. Den Unternehmern würde ich raten, selbst wenn jemand studiert hat, sollte man auf jeden Fall hinter die Fassade des Menschen schauen, sich auf seine Fähigkeiten fokussieren und nicht auf seinen Abschluss.

Ist der internationale Hype um die Dubai-Schokolade im eigenen Land auch so groß?
Gleich vorweg: Die original Dubai-Schokolade ist in Europa nicht verfügbar, weil das Original nur drei Tage haltbar ist. In Dubai kann man sie zweimal am Tag per App bestellen und diese Timeslots muss man halt erwischen. Sie kostet zwischen 18 und 22 Euro.

Gibt es in Dubai, wo alles verfügbar ist, etwas, das Ihnen fehlt?
Ja, die österreichische Mundart (lacht). Spreche ich nicht gerade Englisch, spreche ich Hochdeutsch. Als leidenschaftlicher Skifahrer vermisse ich unsere schönen Skipisten. Und natürlich meine Tochter. Ich versuche aber, einmal im Quartal nach Hause zu fliegen. Im Sommer vielleicht sogar länger, weil es aufgrund der hohen Temperaturen von bis zu 50 °C vier Wochen Betriebsferien in Dubai gibt.

Was schätzen Sie an Dubai besonders und welche Insider-Tipps haben Sie für Touristen?
An der österreichischen Community schätze ich die Gemeinschaft auf Augenhöhe. Man tauscht sich aus, unterstützt sich, wo man kann. In Österreich wäre es undenkbar, dass etwa ein Multi­unternehmer in Flipflops, Billabong und Tanktop in den Club kommt und fragt, ob man gemeinsam ein Bier trinkt.
An Dubai selbst schätze ich die Möglichkeiten, die es bietet, die Offenheit der Menschen und die Sicherheit im Land. Als weltoffener Europäer kann man hier tatsächlich das schönste Leben haben und von den Leuten hier viel lernen. Die Emiratis sind extrem offen, freundlich, sehr respektvoll und interessiert an unserer Kultur. Für Frauen gibt es, glaub ich, keinen sichereren Ort als Dubai, weil für gläubige Moslems das größte Gut Frauen sind und man sofort weggesperrt wird, wenn man sie gegen ihren Willen anrührt. Ich habe hier einen völlig anderen Eindruck vom Islam bekommen, als man den Islam bei uns zu Hause wahrnimmt. Es stimmt auch nicht, dass sich Männer und Frauen getrennt zusammenrotten. Man legt auch sehr viel Wert auf die Work-Life-Balance. So ist etwa jede Firma verpflichtet, die Mitarbeiter während des Ramadans – also einen ganzen Monat lang – zwei Stunden früher nach Hause gehen zu lassen, und das bei voller Bezahlung. Während des Ramadans verlagert sich in der Nacht alles auf die Straße. Bei diesen Straßenfesten wird gemeinsam gegessen, gefeiert und getanzt, es spielt dabei keine Rolle, ob man Christ, Hinduist, Buddhist oder eben Moslem ist. Touristen würde ich raten, sich auch abseits der Hotspots wie Burj Khalifa oder Dubai-Marina zu bewegen und hinter die Fassade zu schauen. In Al Rigga im Bezirk Deira etwa kann man die herzlichsten Menschen kennenlernen und kriegt ein wenig vom Ursprünglichen der Stadt mit.

Was sollte man in Dubai tunlichst unterlassen?
Man sollte sich auf keinen Fall einem weiblichen Wesen gegenüber respektlos verhalten, nicht einmal seiner Tochter vor anderen die Leviten lesen, auch nicht als Tourist. Frauen haben in Dubai einen besonderen Stellenwert. Und man sollte keinesfalls Alkohol auf offener Straße konsumieren, das wird nicht gerne gesehen.

Wir danken für das Gespräch!

Wordrap

  • Mein Wunschberuf als Kind: Polizist
  • Die berühmten Drei für die einsame Insel: Fußball, Klopapier, Pasta
  • Mein Sehnsuchtsort: definitiv Bora Bora
  • Wen ich gerne einmal treffen würde/getroffen hätte: Falco hätte ich gerne getroffen, Jordan Belfort (Anm.: The Wolf of Wall Street) will ich treffen.
  • Team Hund oder Katze: auf jeden Fall Hund
  • Serientipp für ein verregnetes Wochenende: The Rookie und Peaky Blinders
  • Mein letzter Konzertbesuch: Luciano (hier in Dubai)
  • Was ich schon immer gerne einmal gemacht hätte, mich aber nicht getraut habe: Fallschirmspringen
  • Meine Henkersmahlzeit: Lasagne 😍😍
Das arabische Emirat bezaubert mit seinem märchenhaften Ambiente und lockt nicht nur Touristen aus aller Welt in seine Metropole. zVg
Veröffentlicht am 15. Februar 2025

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